Es gibt ein Bild von Frida Kahlo mit diesem Titel. Hier können Sie es sich ansehen. Wie ich gerade heute darauf komme? Zora schreibt über Wurzeln.
Gedanken an den Tod schrecken mich nicht. Die Gräber meiner Toten bedeuten mir viel. Die ältesten Gräber meiner Familie wurden für 99 Jahre gekauft. Dass die Liegedauer heute kürzer ist, bedauere ich. Meine Oma erklärte mir die Familiengeschichte und die komplizierten Verwandtschaftsbeziehungen anhand der Gräber auf dem Friedhof. „Hier schläft der Opa Martin.“ ist der erste Satz über den Tod, an den ich mich erinnere. Meine Oma Marie, seine Frau, sagte ihn, als sie mich auf den Friedhof mitnahm, wo sie sein Grab pflegte. Es war ein wunderschöner, sonniger Friedhof im Hügelland, etwas oberhalb eines Dorfs. Ich erinnere mich, dass ich mich fragte, wie der Opa denn schlafen konnte mit Erde auf den Augen. Auf dem Friedhof, neben meiner Oma, fühlte ich mich wohl und geborgen.
Später besuchte ich die Kapuzinergruft in Palermo. Auch die war mir nicht unheimlich. In einem Reiseführer stand, die Gruft mit den dort ausgestellten Toten verlange Unbefangenheit vor dem Tod. Ich empfand das ähnlich.
Noch später fing ich an, Flamenco zu tanzen. Der Flamenco ist in einer Zeit und einem Milieu entstanden, wo das Leben für den Einzelnen mehr und größere Gefahren bereit hielt als heute. Vermutlich ist deshalb in den Flamencotexten häufig die Rede vom Tod, oft auf eine sehr realistische und nüchterne Weise. Manche Flamencoforscher sehen eine enge Beziehung zwischen dem Flamenco und dem Stierkampf. Der Stierkampf ist aber in meinen Augen ein allzu frivoles Spiel mit dem Tod. Ursprünglich ein Spiel der Reichen, die zusahen, wie sich die Armen in der Arena die Knochen ruinierten und ihr Leben riskierten, während sie ein wunderschönes Tier zu Tode quälten. (Die meisten Toreros kamen aus einfachen Verhältnissen.)
Als vor einigen Jahren eine meiner Großtanten begraben wurde, drehte ich nach der Beerdigung noch eine Runde über den Friedhof. Da standen auf dem ganzen Friedhof vier verschiedene Familiennamen. Drei davon kamen in meiner eigenen Verwandtschaft vor. Mir kam der Gedanke, dass dies möglicherweise der einzige Ort war, den ich Heimat nennen durfte, der Ort, an dem meine Wurzeln waren.
Noch heute besuche ich gerne Friedhöfe. Das Gefühl der Geborgenheit inmitten der Gräber hat mich nicht verlassen.