Nachdenken über Freund B und seinen Ausspruch: „Meine Schwestern können nicht für ihr Recht auf die Straße gehen. Wir müssen das für sie tun.“ Mit „wir“ meint er: Brüder, Väter, Ehemänner. (Und sie tun es, es gibt Beispiele wie die Väter auf dem Land, die ihre Töchter zur Schule begleiteten, oder der Universitätsprofessor, der sich für seine Studentinnen einsetzte und dafür inhaftiert wurde.)
Die Frage ist für mich hier nicht, was die Frauen in Afghanistan hindert, sondern warum Freund B meint, es sei seinen Schwestern unmöglich, für ihr Recht zu kämpfen. Ist es sein Selbstverständnis als Paschtune, der die Frauen seiner Familie auf eine Art zu schützen versucht, die uns im Westen schwer verständlich ist?
Mir tut dieses maskuline Wir weh. Andererseits: Letztlich sind wir ja alle Geprägte der Kultur in der wir alle leben.
Schwierig …
Es ist eine zumindest nach außen hin männlich dominierte Kultur, die B auch nicht hinterfragt. In der Familie scheinen zumindest ältere Frauen einen großen Einfluss zu haben. Aber letzteres ist bisher nur meine Vermutung.
Der Einfluss der älteren Frauen würde mich sehr interessieren. Geht er eher in die konservative Richtung (bewahren, Frauen brauchen keine Bildung, heiraten eh etc.) oder Richtung Selbstbestimmung und Gleichberechtigung?
Vermutlich sowohl als auch …
Ich frage demnächst mal nach. Bs Mutter hat zum Beispiel seine Ehefrau ausgesucht.
Ich weiß nicht, ob er nicht – und sei es nur zum Teil – ganz richtig gemeint haben könnte, dass es aus gesellschaftlicher Sicht und selbstverständlich unter Sicherheitsaspekten so gut wie unmöglich sei. Selbstmord. Das kann sich durchaus mit der aufseufzenden Attitüde des Herrn der Schöpfung paaren, der sich erhebt, um auch diese Aufgabe noch zu übernehmen und dabei seinen eigenen Edel- und Heldenmut bewundert. Schließlich bleibt ihm auch nichts erspart! – Wir kennen das. So viele Jahrhunderte hindurch haben Männer ihre Frauen beschützt und noch ein bißchen mehr ihre Töchter. Vor fast allem außer ihm, dem Familienoberhaupt, selbst. Und diese Haltung erinnert auch noch an die ganz große Geste, ich denke hier an Parallelen zu Kiplings Bürde des weißen Mannes: er stöhnt, bleibt aber tapfer dabei, unter seiner ungeheuren Aufgabe, die ganze Welt zu bessern, denn nur er kann diese (Gewalt-) Tat vollbringen!
Ich denke, du hast in jeder Hinsicht Recht.